Entwicklung des Contents: Wie Content zum Hype wurde

„Content is King!“ Es ist weltberühmt, das Zitat, das Bill Gates im Jahr 1996 vom Stapel gelassen hat. Der Visionär Gates hatte damals schon die Vorahnung: „Content is where I expect much of the real money will be made on the Internet, just as it was in broadcasting.“ Der 1990er-Jahre Bill wusste, dass jene, die auf lange Zeit im Content-Business erfolgreich sein werden, die sind, die auf Information und Entertainment setzen. Er wusste vor 23 Jahren ebenso, dass der Weg zum Onlineerfolg in Interaktivität und Echtzeit-Information liegt. Er forderte schon damals Abwechslung durch Audioinhalte und selbst Videos nannte er bereits:
„If people are to be expected to put up with turning on a computer to read a screen, they must be rewarded with deep and extremely up-to-date information that they can explore at will. They need to have audio, and possibly video. They need an opportunity for personal involvement that goes far beyond that offered through the letters-to-the-editor pages of print magazines.“ – schrieb er damals auf der Microsoft Website, von der er vor einigen Jahren aber verschwunden ist.
Den gesamten Text finden Sie mit folgender Suchanfrage: “content is king bill gates”.
Wir lernen viel und doch lernen wir zu wenig
Knapp ein Vierteljahrhundert später: Wir haben nahezu unbeschränkten und schnellen Internetzugang, können in Sekundenschnelle Videos aufnehmen, schneiden, hochladen und unsere Ergebnisse Milliarden von Menschen zeigen. Dasselbe gilt für Audioinhalte, Texte, Bilder, Livestreams, Virtual Reality, Augmented Reality etc. Wer Kreativität mitbringt, kann der Welt spannende Geschichten in atemberaubenden Formaten erzählen und so wertvolle Infos liefern.
Die digitale Welt dreht sich immer schneller. Konnte Coca-Cola 1993 mit der ersten Computeranimation noch für Staunen sorgen (es waren die Cola-trinkenden Polarbären im Weihnachtsspot), werden Menschen heute fast täglich von neuen Techniken und Technologien beeinflusst. Professionalität in der Darstellung ist die Norm geworden. Viele meinen, das liege daran, dass es einfach zu viel Content auf dieser Welt gäbe. Aber wie war das früher eigentlich? Wie wurden die Menschen damals „bespaßt“? Machen wir einen kurzen Ausflug in die Content-Geschichte und Sie werden sehen: So viel hat sich gar nicht verändert. Lediglich die Kanäle sind mehr geworden und die Geschwindigkeit ist heute höher.
Lehren aus der Geschichte: Beispiele aus der Content-Vergangenheit
Die Entwicklung von Content hängt eng zusammen mit dem Großwerden der Werbewirtschaft, besonders der Werbewirtschaft in den USA. Dort wurde Content für Marketingzwecke das erste Mal im späten 19. Jahrhundert eingesetzt. Dank neuer Technologien konnte Informationsmaterial für Kunden einfacher und schneller aufbereitet werden. Es war die Geburtsstunde des Corporate Publishing und das erste Mal, dass Content in Verbindung mit Informationsmaterial verwendet worden ist. Unternehmen produzierten plötzlich Medien.
Das erste Unternehmen, das ein eigenes Kundenmagazin auf den Markt brachte, war John Deere. Der Farming-Konzern veröffentlichte 1885 die erste Ausgabe „The Furrow“. Darin wurde das eigene Unternehmen beworben und Produkte wurden vorgestellt. Erstmals konnten sich Kunden außerhalb der Läden informieren. Ein enormer Erfolg: 1912 hatte das Magazin vier Millionen Leser. Beeindruckend. Vor allem weil es sich als Medium seit damals gehalten hat. Heute hat es ca. 1,5 Millionen Leser in 40 Ländern, übersetzt in zwölf Sprachen.
1900 zog dann ein französischer Reifenhersteller nach. Mit einem Produkt, das heute weltweit bekannt ist als „Michelin Guide“. Damals war es ein 400 Seiten dicker Wälzer, der Fahrern Informationen über Werkstätten, Routen und Hotels aufbereitete. Obwohl damals in ganz Frankreich nur 2.200 Autos unterwegs waren, brachten André und Edouard Michelin gleich 35.000 Stück davon auf den Markt – sie glaubten an die Zukunft des Automobils und sollten Recht behalten.
In den Jahrzehnten danach schossen Unternehmensmagazine aus dem Boden. Immer mehr Unternehmer orientierten sich an den Wünschen ihrer Kunden und lieferten ihnen gut aufbereitete Informationshäppchen.
Jell-O: Content Best Practice aus 1902
Wie hoch die Relevanz von Content ist, zeigte das Pudding- und Süßwaren-Unternehmen Jell-O 1902. Francis Woodwars hatte das bis zu dem Zeitpunkt unbekannte Unternehmen gekauft und eine Idee: Er fügte den Satz „America’s most famous dessert“ zum Produktnamen hinzu, ließ im Ladies’ Home Journal werben, das damals eines der erfolgreichsten Magazine für Haushaltswaren war, und setzte auf etwas, das man heute Interaktivität nennen kann. Er ließ Rezepthefte drucken für Speisen, die mit Jell-O zubereitet werden konnten. Einwanderer, die in den USA ankamen, erhielten beim ersten Schritt auf US-Boden eigene Ellis Island Förmchen mit Jell-O (Wikipedia 2019). Als die Reichweite von Radiosendern größer wurde, stieg Jell-O als Sponsor für Radiosendungen ein und gewann durch die Unterstützung von relevanten Sendungsinhalten Aufmerksamkeit für die Marke.
Die Geburt des Radios
Ab den 1920ern dominierte dann das Radio. Die Menschen waren begeistert von der Möglichkeit Musik und Informationen zu Hause hören zu können oder wo immer sie gerade waren (wobei der Bewegungsspielraum durch die Größe der ersten Radiogeräte meist auf die eigenen vier Wände beschränkt war). Wieder war es ein Landwirtschaftsunternehmen, das den neuen Kanal für sich nutzen konnte. Sears-Roebuck kaufte sich Sendezeit und versorgte Farmer mit wertvollen Informationen während der großen Deflation. Später gründete das Unternehmen einen eigenen Sender, um die Beziehung zu ihren Kunden weiter stärken zu können. On Air ging der Sender WLS (World’s largest Store) Radio im Jahr 1924. Bespielt wurde er von der Sears-Roebuck Agricultural Foundation. WLS war ein Vorreiter in Sachen Content-Vermarktung. Man stellte eigene Radios her. Andere Unternehmen zogen rasch nach. Die Firma Procter & Gamble sponserte Radio Soaps, in denen es um Reinigungsmittel ging. Campbell‘s Soup, der Suppenhersteller mit den Andy-Warhol-Kreationen, sponserte die Show von Orson Welles unter dem Namen ‚The Campbell Playhouse’ (Wikipedia 2019).
Das Öl-Unternehmen „Texaco“ ging noch einen Schritt weiter und startete eine Comedy-Show. Mit „Texaco Star Theatre“ war es in den 1930ern im Radio erfolgreich. Als die ersten TV-Stationen öffneten, machte man mit Bewegtbild weiter. Mit noch größerem Erfolg. Als die erste Sendung am 8. Juni 1948 ausgestrahlt wurde sicherte sich Texaco einen besonderes Werbeplatz: Ein Quartett von Texaco-Sängern eröffnete jede Woche die Show mit einem Corporate Song. Wesentlich sind die letzten Zeilen des Themesongs: „Remember every Tuesday on television, the Texaco Star Theatre. Every Saturday on radio, the Metropolitan Opera, presented by your Texaco dealer. The best friend your car has ever had!“ (Wikipedia 2018). Das Zeitalter der klassischen Fernsehwerbung war angebrochen.